Desorden Publico - Venezolanischer Latin Ska
DESORDEN
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Aktuelle
CD:
Desorden
Público
-
"Estrellas
Del Caos" (Sterne des Chaos)
Als ich gegen Ende der 80er Ingrid Dreissig in einer
Disco kennenlernte, wusste ich noch nicht, dass man
auf dem südamerikanischen Kontinent überhaupt Ska anhört.
Ich hörte nur halbgläubig zu als sie mir von den Konzerten
und den Feiern mit Cocktails aus Melonen am Feuer am Strand
von Venezuela erzählte. Für mich, einem Menschen, der zu
diesem Zeitpunkt noch nie aus Europa hinausgekommen ist war
Venezuela ein gefährliches Land, in dem es Urwälder, Strände
und Städte in denen man als "Gringo" überfallen wird gibt.
Musikalisch gesehen dachte ich
mir, dass es außer Volksmusik , Salsa oder ähnliches wenig
gibt.
Ingrid erzählte mir, dass es in
Venezuela nur hab so gefährlich sei, wie einfältige Menschen
wie ich einer bin glauben, und dass es dort auch eine
Ska Szene einschließlich einer der weltbesten Bands gibt.
Etwas beleidigt war ich als sie mir weismachen wollte, dass
es hier in Europa und im Speziellen auch in München im
Vergleich zu Südamerika sehr viele Rassisten gibt.
Zumindest konnte mich Ingrid von
der genialen Ska-Band überzeugen, indem sie mir ein
Werbemuster der ersten Platte von Desorden Publico aus
Venezuela mitbrachte. Damals war Ingrid, die zeitweise
in München lebte und einen deutschen Vater hat "nur" die
Managerin von Desorden Publico.
Auf der ersten Platte, die noch
namenlos war, wurde noch als astreiner 2-tone Ska im
britischem Stil aufgenommen ,ohne viel von ihren eigenen
karibischen Wurzeln hinzuzufügen. Auch die Tatsache, dass
zwei der Lieder nicht im Radio gespielt werden dürfen ist
mir natürlich damals besonders aufgefallen. Es gefiel mir,
dass außer der Monsters-Melodie "Lilie" nichts kopiert wurde
und ich war schnell der Meinung, dass die schnell gesungenen
spanische Texte super zu Ska passen. Damals gab es allgemein
noch nicht so viele Lieder in denen Ska mit einem Schuss
Punk aufgepeppt wird. Diese Schallplatte war also lange eine
meiner Lieblingsplatten. Leider riss der Kontakt zu Ingrid
ab und ich hörte auch lange nichts mehr von Desorden
Publico. Nach
den Informationen auf der offiziellen Desorden Publico
Internetseite, die ich nur jedem, der auf Latin Ska steht
empfehlen kann, wurde die Band 1985 von den Independent DJ's
Horacio und Caplis, die ihre eigene Radiosendung hatten
gegründet und etwas später um Dan-Lee, Antonio Rojas, Kiko
und Oscarello erweitert. Sie machten damals einfachen, von
Punk beeinflussten Ska mit politischen Texten und einer
guten Portion schwarzem Humor. Auf diese Art wurden Horacio
Blanco & Co zu wahren venezolanischen SKA Stars bei
denen es insbesondere auf lateinamerikanischen Konzerten
rund geht.
Als ich dann im Herbst 1997 endlich selbst in Venezuela war um Piranhas zu angeln und mich an der Karibik zu erfreuen, stellte ich fest, dass es kaum jemanden gab, der Desorden Publico nicht kennt. Auf einer Party mit einigen Venezolanern sangen sie mir ein paar Mädels die neuesten Hits von der CD "Plomo Revienta" auswendig vor, die wirklich spitze waren. Desorden Publico konnte man dort oft im Fernsehen sehen und im Radio hören. Sie haben sich inzwischen zu südamerikanischen Stars gemausert.
Gegen März 1999 war ich wieder
in Venezuela und Arthuro, Saxofonist der venezolanischen Ska
Band Skabiosis schrieb mir zuvor eine E-Mail, dass Skabiosis
als Vorband von Toasters und Desorden Publico spielen
sollten. Leider bin ich davon ausgegangen, dass in Caracas
die Konzerte ebenso spät wie in München beginnen. Ich habe
am Nachmittag, an dem das Konzert stattfinden sollte
Arthuro angerufen, da es meinem Spezel und mir in der
Innenstadt von Caracas langweilig geworden war. Als ich den
Hintergrundlärm auf Arthuro`s Handy hörte, dachte ich mir
noch er würde eine wilde Party feiern. Er gab mir eine
Adresse zu der wir unbedingt sofort kommen sollten. Erst als
wir dort waren viel uns auf, dass es sich um die Adresse
des Konzerts handelte, das bereits in vollem Gange war
bzw. außer Desorden Publico bereits alle Bands gespielt
hatten. Über Arthuro, der bereits auf uns wartete bekamen
wir Freikarten und durften auch in den Backstagebereich, wo
ich mich mit nach dem Konzert mit Ingrid und ihrem frisch
gebackenem Ehemann Caplis unterhielt.
Das Feeling war etwas ungewohnt,
da es für mich eindeutig zu früh war, ich noch nie ein
Konzert erlebt hatte auf dem es kein Bier gibt und echte
Geier über dem Spektakel kreisten. Auf venezolanischen
Konzerten wird zu SKA eher gePogt als geSkankt, was
vermutlich daran liegt, dass es in Venezuela kaum oder keine
Punk /Oi! Bands gibt und Desorden doch sehr sozialkritische
Themen aufgreift, die unter der Oberfläche gären...
Ich sah dann Desorden Publico
noch einmal auf einem Konzert in München. Leider wurde für
die Band kaum Werbung gemacht, und auch ich wäre nicht
hingegangen, wenn ich die Band nicht schon gekannt hätte.
Schade, -da fahren sie so weit und stehen vor einem halb
leerem Saal.
Desorden Publico haben
inzwischen einen eigenen Stil entwickelt, der zwischen Punk,
Ska, Salsa, Cumbia und all den karibischen Rhythmen
liegt entwickelt, die man in und um Venezuela überall
hört. Die letzte Platte (bezeichnenderweise „El Diablo“...)
hört sich zwar nur noch bedingt nach Ska an, hat aber dafür
einen Rhythmus und Texte die alles vorherige übertreffen.
Schade, dass man diese CD nicht mehr über PorkPie sondern
höchstens über Vielklang bekommt.
Ich bin der Meinung ein jeder
Ska Fan sollte die erste Desorden Público Platte „Desorden
Público„ oder wenigstens die „¿Dónde Está El Futuro?” als CD
oder LP haben.
Mit Diablo haben sie
meines Erachtens ihre bis zu diesem Zeitpunkt beste Platte
veröffentlicht.
Auf Diablo spielen
sie jedoch mehr „Latin“ Sound als Ska Musik, weshalb
sie von Porkpie zu Vielklang verbannt wurden...(weiter zu
den CD`s)
Abschließend muss ich noch
hinzufügen, dass Venezuela nur halb so gefährlich ist wie
ich es mir vorgestellt habe. In Caracas sollte man sich
allerdings nur möglichst kurz aufhalten, da es ein riesiger
Moloch ist, in dem haupsächlich sehr Reiche und sehr arme
Menschen wohnen. Für einen Touristen sind die Preise in
Caracas zu hoch und die warnungen Einheimischer zu häufig,
um sich wirklich erfreuen zu können. Bis auf caracas ist
Venezuela das Land mit den nettesten Einwohnern, denen ich
je begegnet bin.
Ich war einmal drei Wochen und
einmal sechs Wochen in Venezuela, und ich habe nur gute
Erfahrungen gemacht. Ausgeraubt oder ähnliches wurde ich
nie. Venezuela ist inzwischen mein Lieblingsland, an das ich
oft denken muss.
Es gibt wenig Ländern in denen
Ska so zum nationalem Kulturgut gehört, wie in Venezuela.
Man sieht Desorden Público im Fernsehen, hört Desorden
Público im Radio, tanzt zu Desorden Público in der Disco und
findet überall Fans des Ska.
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